Von Judith: Meinungsfreiheit im Internet – Hühnerstall ist nicht gleich Schweinestall
Wer sich als Unternehmer im Internet präsentiert und Kunden die Möglichkeit zur Bewertung des eigenen Produktes einräumt, dem steht durch das erhaltene Feedback eine gute Möglichkeit zum ehrlichen Kundendialog und zur Verbesserung des eigenen Services offen. Das Bewertungsportal Google+ bietet beispielsweise für kleine und mittlere Unternehmen die Möglichkeit, Kontaktdaten einzutragen, Bilder oder einen Link zur Website zu platzieren. Die Social Media-Komponente ist gleich integriert: Kunden und Gäste können Empfehlungen und Bewertungen verfassen. Jedoch kommt es mitunter zu unliebsamen Begleiterscheinungen. In der vermeintlichen Anonymität des World Wide Web kann Kritik auch schnell einmal über die Stränge schlagen. Nicht immer ist dabei eindeutig, ob eine Bewertung noch als zulässige Meinungsäußerung oder als zu unterlassende Schmähkritik einzuordnen ist.
Einen Grenzfall hatte vor Kurzem das Oberlandesgericht München zu entscheiden (Urteil v. 11.09.2013 – Az. 4 U 88/13). Auf einem Hotel-Bewertungsportal schrieb ein User über ein Hotel namens „Hühnerhof“:
„Nicht Hühnerhof sondern Hühnerstall. Für ein 4 Sterne Restaurant eine Zumutung. Rezeption nicht besetzt. Frühstück eine einzige Katastrophe. Bahnhofsatmosphäre. Rollwagen, worauf das Geschirr gestapelt wird. Bei 100 Übernachtungen pro Jahr, hier nie wieder!!!!!!!!!!!!“
Der Hotelbetreiber wollte mit diesem Eintrag nicht leben und leitete gegen den Betreiber des Portals rechtliche Schritte ein. Die Frage, ob eine Kritik noch im erlaubten Rahmen stattfindet, hängt von dem Umstand ab, ob bei der Äußerung noch die Auseinandersetzung in der Sache oder die Diffamierung der Person bzw. des Unternehmens im Vordergrund steht.
Im konkreten Fall sah das Gericht die rote Linie noch nicht überschritten und wertete die Aussage als zulässige Meinungsäußerung. Als Begründung führte das Gericht aus, dass der Begriff „Hühnerstall“, anders als etwa der Begriff „Schweinestall“, in der Umgangssprache nicht als Synonym für eine besondere Verschmutzung stehen würde.
Das Beispiel zeigt, dass eine Abgrenzung zwischen Meinungsäußerung und diffamierender Schmähkritik im Einzelfall schwierig ist und die Grenzen hierbei durchaus fließend sind.
Umso mehr sollte sich jeder Nutzer im Klaren darüber sein, dass das Internet keinen rechtsfreien Raum darstellt und beleidigende Äußerungen auch in der virtuellen Welt sanktioniert werden können.
Der einzelne Unternehmer muss im Zweifelsfall überlegen, ob er sich vermeintlich nicht konstruktiver Kritik stellen möchte oder es vorzieht, gegen diese vorzugehen. Der richtige Weg hängt wohl vom Einzelfall ab und nicht zuletzt auch davon, ob die jeweilige Person ein „dickes Fell“ hat, was Äußerungen über das eigene Unternehmen betrifft.
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